Ein Jahr in Büchern: Was ich 2022 alles gelesen habe - und wie ich es fand
Nimm dies, 2022! Wohl niemand fand dieses Jahr so richtig lustig, und endlich schleicht sich der Mario Barth unter den Kalenderjahren von der Bühne. Aber ich will gar nicht zu sehr lästern. Denn ich hatte 2022 ganz offensichtlich viel Zeit zu lesen, wie meine Liste samt Bewertungen beweist. Und ich las dabei auffällig viele sehr gute bis herausragende Bücher.
Zeit wird's: Ein anstrengendes Jahr geht zu Ende. Ob Kriege und Krisen dazu beigetragen haben, dass ich 2022 noch mehr Bücher verschlungen habe als 2021? Immerhin stehen 34 komplett ausgelesene Romane oder Sachbücher in meiner Liste. Im Vorjahr waren es nur 27. Vielleicht ist der Grund dafür aber auch viel banaler: Ein neuer Job ließ mich wieder viel öfter mit dem Zug pendeln - und womit lässt sich eine jeweils knapp 30-minütige Auszeit von Kindern, Beruf und allem anderen schöner verbringen als mit Lesen? Richtig, mit nichts.
Jedenfalls war mir Anfang des Jahres schnell klar, dass ich mein leicht nerdiges Hobby aus dem Vorjahr auch 2022 fortsetzen will. Ich habe also erneut zu jedem ausgelesenen Buch einen kurzen Kommentar in eine Excel-Tabelle geschrieben. Wobei, wie schon 2021 ist "kurz" auch hier wieder relativ.
Angekündigt sei an dieser Stelle schon, dass ich Blut geleckt habe und 2023 weitermachen werde. Unter dem Weihnachtsbaum lagen nämlich geschätzt ein dutzend Romane. Man kennt meine Schwachstellen und nutzt sie weidlich aus. Und ich kann die unschuldigen Bücher doch nicht verstauben und verkommen lassen.
Without further ado, hier kommt die Liste meiner gelesenen Bücher im Jahr 2022. Angegeben ist jeweils der Monat, in dem ich das Buch ausgelesen habe.
Januar
Donna Tartt - "Der Distelfink"
Bewertung: sehr gut
Kommentar: Auf mehr als 1.000 Seiten erzählt dieser mit dem Pulitzer-Preis ausgezeichnete Roman die Lebensgeschichte des Teenagers Theo Decker. Bei einem Bombenanschlag auf ein New Yorker Kunstmuseum verliert er seine Mutter, seine einzige Bezugsperson. Er überlebt und nimmt im allgemeinen Chaos das titelgebende Kunstwerk mit nach Hause. Es begleitet ihn auf seinem weiteren Lebensweg, der einige atemberaubende Schlenker macht. „Der Distelfink“ macht die allermeiste Zeit riesigen Spaß und hat mich auf großartige Weise daran erinnert, wozu Literatur in der Lage ist. Ein in jeder Hinsicht üppiges Buch, toll inszeniert wie ein Film (den es konsequenterweise später auch gab), mit denkwürdigen Charakteren und berührenden Stellen.
Paul Auster - "Mann im Dunkel"
Bewertung: sehr gut
Kommentar: Zum zweiten Mal gelesen (nach ca. 7 Jahren) und noch besser gefunden als beim ersten Mal. Meiner Meinung nach einer der besten Auster-Romane, selbst wenn der Handlung auf den ersten Blick verwirrend klingt und die Geschichte gegen Ende ohne großes Finale einfach „ausläuft“. Aber das ist genau das passende Ende für diesen vielschichtigen Roman. Der 72-jährige Literaturkritiker und Witwer August Brill liegt nach einem Unfall ans Bett gefesselt im Haus seiner Tochter. In schlaflosen Nächten spinnt er sich eine Erzählung zusammen, die im Roman immer wieder über lange Abschnitte erzählt wird – eine Erzählung, die in einer Parallelwelt spielt, zwar in der Gegenwart, aber in einem anderen Amerika. Die USA ohne Irakkrieg, dafür von einem Bürgerkrieg zerrüttet und gespalten. Mehr als nur ein interessantes Gedankenspiel, sondern ein richtig packender Roman - sprachlich natürlich auch hohem Niveau, wie bei Auster üblich.
Februar
Hervé Le Tellier - "Anomalie"
Bewertung: sehr gut
Kommentar: Ein sehr ungewöhnlicher und geistreicher Roman, der vermutlich aus genau diesen Gründen so gefeiert wird (erst in Frankreich und jetzt mit Verspätung auch in Deutschland). Der Plot: Ein Flug von Paris nach New York gerät in schwere Turbulenzen, kommt aus diesen zwar heraus und landet sicher – doch knapp drei Monate später taucht exakt das selbe Flugzeug mit den selben Insassen wieder auf und will ebenfalls in den USA landen. Es gibt also viele Personen plötzlich doppelt. Anhand ausgewählter Fluggäste (und des Piloten) erzählt Hervé Le Tellier das, was nicht sein kann – und was das für die menschliche Existenz bedeutet. Inklusive politischer und religiöser Krisen. Ab und zu war mir der Ton des Buches eine Spur zu flapsig für das doch existenzielle Thema. Aber insgesamt ist „Anomalie“ natürlich ein großartiges Buch: packend und extrem originell. Ein absolutes Highlight.
Paul Auster - "Das rote Notizbuch"
Bewertung: sehr gut
Kommentar: Zwar kein Roman, aber trotzdem eines meiner Lieblingsbücher von Auster. Ich habe diese schlanke, schmale Anekdotensammlung über irrwitzige Zufälle, Schicksale und Begebenheiten im Alltag bestimmt schon zum vierten oder fünften Mal gelesen. Und ich liebe sie immer wieder.
März
Benedikt Feiten - "Leiden Centraal"
Bewertung: sehr gut
Kommentar: Ich sage das nicht, weil ich im Nachwort erwähnt werde und die Ehre hatte, dieses Werk schon in seiner Entstehungsphase vorab lesen zu dürfen - sondern weil ich es ganz genau so meine: Benes dritter Roman ist sein Bester. Man kann das zwar schwer vergleichen, da er ganz anders ist als seine ersten zwei (ebenfalls großartigen) Romane. Aber „Leiden Centraal“ findet jedenfalls genau die richtige Mischung aus fast schon krimiartig vorangetriebener äußerer Handlung (Menschenhandel, Schicksale von Arbeitsmigranten, Ausbeutung) und innerer Handlung der drei Haupt-Protagonisten. Und trifft dazu den genau richtigen Ton. Ich durfte das Buch in einer frühen Fassung lesen und meinen Senf dazugeben – die endgültige Fassung ist definitiv noch besser.
Magdalen Nabb - "Tod im Palazzo"
Bewertung: mittel
Kommentar: Dieser Florenz-Krimi ist zwar besser als die grottige deutsche Übersetzung seines Titels vermuten lässt (im englischen Original heißt er „The Marshal Makes His Report“). Doch das macht ihn noch lange nicht zu einem guten Buch und rechtfertigt erst Recht nicht die Maigret-Vergleiche im Klappentext. Nabbs Hauptfigur Maresciallo Guarnaccia ist zwar, ähnlich wie Maigret, ein gemütlicher und manchmal träger Typ, aber auch ein Grübler mit einer zuweilen anstrengenden Einsilbigkeit. So wie überhaupt die Dialoge in dieser eher mäßig spannenden Story teils schwer zu ertragen sind. Nicht, weil sie platt oder banal wären, sondern weil sie so bruchstückhaft und zerhackt daherkommen – immer wieder brechen die Protagonisten mitten im Satz ab und lassen Wörter in der Luft hängen, die danach nicht aufgegriffen werden. Zwar nimmt die Story gegen Ende hin tatsächlich noch etwas Fahrt auf, doch insgesamt ist „Tod im Palazzo“ bestimmt kein Buch, das ich noch einmal lesen würde.
Marc-Uwe Kling - "Qualityland 2.0 - Kikis Geheimnis"
Bewertung: gut
Kommentar: Marc-Uwe Kling schafft auch in der Fortsetzung zu „QualityLand“ das seltene Kunststück, gleichzeitig „Everybody's Darling“ zu sein (er ist ja mittlerweile ein echter Bestseller-Autor) und trotzdem hochklassig zu schreiben. Nicht im literarischen Sinne, aber das hat er noch nie bezweckt – weder in den Känguru-Büchern noch im ersten Teil seiner Zukunfts-Dystopie-Satire „QualityLand“. Aber was den Anspruch und den Unterhaltungswert angeht, ist das hier auf jeden Fall erste Liga. Einige Stellen sind extrem witzig, andere sind dann wieder als kaum überspitzter und daher schwer verdaulicher Blick in die Zukunft angelegt (Stichworte: Klimawandel, Erderwärmung, gläserner Mensch, Überwachung). Klings Humor ist sicherlich nicht jedermanns Sache, einige Leser werden mit den Figuren wenig anfangen können, andere die Story für banal halten, und vielleicht stört sich auch jemand an dem überraschend pathetischen Ende des Romans. Sei's drum, mir hat „QualityLand 2.0“ gut gefallen – kaum schlechter als Teil 1.
April
Anna Wimschneider - "Herbstmilch"
Bewertung: sehr gut
Kommentar: Auf den ersten Blick mag an diesem schmalen Buch nichts allzu besonders sein – es sind nur die Lebenserinnerungen einer Bäuerin aus Niederbayern. Doch es hat schon seinen Grund, warum „Herbstmilch“ bei seiner Veröffentlichung Mitte der 1980er Jahre ein überraschender Bestseller wurde. Anna Wimschneider, diese einfache Person aus bitterarmen Verhältnissen, hat ihre Jugendjahre in einer bewegten Zeit verbracht und schreibt über persönliche Schicksalsschläge wie politische Umwälzungen ganz schnörkellos und ungekünstelt. Mit acht Jahren verlor sie ihre Mutter und musste fortan den Haushalt für Vater und mehrere Geschwister führen. Eine Jugend ohne Freude und ohne Freizeit, dafür mit körperlicher Gewalt und oftmals auch Hunger. Als sie heiratete, musste ihr Mann zehn Tage nach der Hochzeit an die Front einrücken und kehrte erst Jahre später schwer verletzt zurück. Immer wieder wurden ihr Stöcke zwischen die Beine geworfen, und doch hat sie sich, ihren verletzten Mann und am Ende auch drei Kinder durchgebracht. Was sie alles erlebt hat, ist bewegend genug. Wie es aufgeschrieben wurde, steht für mich in seiner Unmittelbarkeit auf einer Stufe mit Oskar Maria Graf.
Axel Hacke - "Das kolumnistische Manifest"
Bewertung: herausragend
Kommentar: Nach mehreren Jahren habe ich das 2016 erschienene „Best Of“ von Axel Hacke mal wieder konsultiert, diesmal ziemlich stringent von vorn nach hinten durchgelesen. Die Lektüre hat mir erneut eindrücklich vor Augen geführt, dass Axel Hacke einer der geistreichsten, lustigsten und unterhaltsamsten Schreiber im deutschsprachigen Raum ist. Natürlich ist nicht jede dieser unzähligen Kolumnen gleich gut. Und ja, manchmal wiederholen sich Stilelemente und Themen dann auch. Aber: die Besten Texte hier - und das sind viele - zählen wirklich zum Besten, was in deutscher Sprache geschrieben wurde.
Mai
Axel Hacke - "Im Bann des Eichelhechts"
Bewertung: gerade noch gut
Kommentar: Ich gebe zu: Trotz der Wertung „noch gut“ hat mich dieses Sprach-Verwirrungsbuch ein wenig enttäuscht. Es ist gewiss geistreich, stellenweise brutal lustig und niemals banal. Aber es ist auch nicht Axel Hackes bestes Buch. Vielleicht waren meine Erwartungen in diesem Fall zu hoch – da ich kurz zuvor sein Kolumnen-Best-Of „Das kolumnistische Manifest“ gelesen hatte und dort auch einige brillante Texte über Sprachfehler, Wortverdreher und lustige Missverständnisse enthalten sind.
Marina Lewycka - "Kurze Geschichte des Traktors auf Ukrainisch"
Bewertung: gut
Kommentar: Ein Roman, den ich ohne den zeitgeschichtlichen Kontext – den Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine – vermutlich nicht gelesen hätte. Oder zumindest nicht jetzt. Der Roman stand seit Jahren im Regal herum, aber erst jetzt hatte ich die Muße, ihn zur Hand zur nehmen. Natürlich handelt dieser 2005 veröffentlichte Roman nicht vom aktuellen Krieg in der Ukraine. Aber er behandelt, zumindest in einem Nebenstrang, auch die Geschichte der Ukraine vor und während der Sowjetherrschaft und liefert damit sogar ein bisschen Einblick in die aktuell so explosive Lage. Aber das spielt wie gesagt nur eine Nebenrolle in diesem wirklich unterhaltsamen und nur leicht überzeichneten Roman über einen 84-jährigen ukrainischen Familienvater in Großbritannien, der sich zwei Jahre nach dem Tod seiner Ehefrau Hals über Kopf in eine junge Ukrainerin verliebt, deren Absichten für seine beiden Töchter nur allzu leicht zu durchschauen sind. Sie setzen alle Hebel in Bewegung, um die Frau, die den Platz ihrer ehrbaren Mutter eingenommen hat, wieder aus dem Familienverbund herauszubekommen – und müssen nebenbei auch die Gräben zuschütten, die sich in den letzten Jahrzehnten zwischen ihnen, den Schwestern aufgetan haben. „Kurze Geschichte des Traktors auf Ukrainisch“ ist gewiss keine Weltliteratur, aber man versteht nur zu gut, warum das Buch damals ein solcher Bestseller war. Ein Buch, das Spaß macht.
Juni
Gerhard Polt - "Dr. Arnulf Schmitz-Zsceisczyk"
Bewertung: gut
Kommentar: Ein souveränes und herrlich böses Buch, das im Kosmos Polts zwar keine neuen Pflöcke einschlägt, aber seine Stärken bestens ausspielt. Der reiche „Neigschmeckte“ Schmitz-Zceisczyk logiert seit Jahren am Tegernsee in einer Villa und hält sich für bestens bavarisiert, was er aber selbstverständlich nicht ist. Polt ist auch in hohem Alter noch ein Meister des Auf-das-Maul-schauens und Überzeichnens, und entsprechend gut liest sich dieses schmale Büchlein.
Robert Harris - "Vaterland"
Bewertung: sehr gut
Kommentar: Was für ein packender, spannender und intelligenter Roman! Ich lese eigentlich so gut wie nie Thriller, aber wenn, dann gerne die von Robert Harris. Schon sein 1992 erstmals auf Englisch erschienener Debütroman, ein wegen seiner Thematik schwer umstrittenes und besonders in Deutschland medial ziemlich kontrovers besprochenes Buch, ist absolut hochklassig und sicherlich einer der denkwürdigsten „Page-Turner“, die man konsumieren kann. Das Szenario hat es in sich: Die Handlung spielt im Berlin des Jahres 1964, aber in einer Welt, in der Nazi-Deutschland den Zweiten Weltkrieg gewonnen hat und Berlin nun die Hauptstadt eines „Großdeutschen Reichs“ ist, das vom Elsass bis nach Russland reicht. Wie Harris in diesem Setting die Handlung vorantreibt, nämlich durch mehrere Mordfälle an altgedienten Nazi-Funktionären, ist absolut großartig.
Joachim B. Schmidt - "Kalmann"
Bewertung: sehr gut
Kommentar: Sympathischer Autor, eigenwilliger Roman, großes Lesevergnügen: Seit ich Denis Schecks "Druckfrisch"-Interview mit Joachim B. Schmidt über eben dieses Buch gehört hatte, wollte ich es lesen. Der Schweizer, der seit Jahrzehnten in Island lebt und Romane schreibt, die aus der Außenseiterperspektive das Leben auf dieser schroffen Insel wiedergeben, hat mit „Kalmann“ einen wunderbaren, teilweise schrägen und teilweise richtig spannenden Roman geschrieben. Der namensgebende Protagonist, ein geistig etwas zurückgebliebener Eigenbrötler, in dessen Kopf „die Räder manchmal rückwärts laufen“, muss unfreiwillig den Mord an einer umstrittenen Persönlichkeit aus seinem abgelegenen Heimatdorf aufklären. Was sich anhört wie ein biederer Lokalkrimi, ist in Wahrheit eher ein Schelmenroman mit liebenswerten Charakteren. Und ja, spannend wird es am Ende auch noch.
Juli
Dror Mishani - "Vertrauen"
Bewertung: sehr gut
Kommentar: Dror Mishanis „Drei“ ist einer der besten Kriminalromane, die ich überhaupt je gelesen habe. Und auch der Nachfolger fesselt von der ersten Seite an. Mishani bleibt dem unaufgeregten aber eindringlichen Stil treu, den ich schon bei „Drei“ so stark fand. Seine Ermittlerfigur Avi Avraham hegt nicht zufällig eine große Liebe zu Maigret, denn auch wenn ihn mit Simenons gemütlichem Pariser Kommissar wenig bis gar nichts verbindet, hat er eine ähnliche Herangehensweise: dranbleiben, nachforschen, warten, was passiert, aber nicht mit der Tür ins Haus fallen. Mishani lässt dabei sogar zwei Kriminalfälle parallel laufen, die zwar beide den israelischen Ermittler nach Paris führen, aber äußerlich nichts miteinander zu tun haben. Oder doch? Möglich ist das bis zum Schluss, und ohne zu viel verraten zu wollen: das ist nur einer der Gründe, warum „Vertrauen“ ein weiteres Highlight geworden ist. Wenn auch vielleicht nicht ganz mit der gleichen Wucht wie „Drei“ (auf das übrigens kurz vor Schluss kurz angespielt wird)
Benedict Wells - "Fast genial"
Bewertung: sehr gut
Kommentar: Benedict Wells ist ja meiner Meinung nach der „Good guy“ der deutschen Literatur, aber bei aller Sympathie eben auch ein wirklich talentierter Autor. Ursprünglich erschien „Fast genial“ schon 2011, als Wells gerade einmal Mitte 20 war. Was ich nun gelesen habe, ist die von ihm überarbeitete Version, die ein paar Jahre später erschien, aber nach eigener Aussage hat er nur behutsam ein paar Stellschrauben gedreht. Der jugendliche Elan, der diese Mischung aus Coming-of-age und Road Trip auszeichnet, ist geblieben. Gut so, denn die Story ist tatsächlich fast genial: Ein Junge, der mit seiner psychisch labilen Mutter unter prekären Verhältnissen in einem Trailer Park in den USA lebt, der ein Außenseiter ist und eigentlich schon in jungen Jahren weiß, dass aus ihm nichts mehr werden wird – dieser Junge erfährt, dass sein unbekannter Vater ein hochdekorierter Wissenschaftler sein soll. Dass er diesen nie kennengelernt hat, liegt daran, dass er als Retortenbaby im Zuge eines Experiments (das es wirklich gab) gezeugt wurde – der Spermaspender war eben jener geniale Wissenschaftler. Die Suche nach ihm führt den Jungen und zwei seiner Freunde quer durch die Vereinigten Staaten – und das auf sehr unterhaltsame, manchmal etwas plakative, aber nie seichte Weise. Ein absolut empfehlenswerter Roman, gut lesbar und energiegeladen, aber trotzdem gehaltvoll.
Eugen Ruge - "Cabo de Gata"
Bewertung: gut
Kommentar: Ein stilles, zurückhaltendes Werk, das ich bereits zum zweiten Mal gelesen habe. Das erste Mal ist aber so lange her, dass ich mich an nichts mehr daraus erinnern konnte, also war es für mich wie ein neues Buch. Mir gefiel der nüchterne, klare Stil von Eugen Ruge und die unaufgeregte Art, in der er seine Aussteiger-Geschichte erzählt, die den Protagonisten von Berlin bis an die spanische Atlantikküste führt. Es passiert letztlich nicht allzu viel in diesem Buch, und ein gewisses „Dahinplätschern“ lässt sich manchmal nicht von der Hand weisen. Doch ich bereue trotzdem keineswegs, „Cabo de Gata“ gelesen zu haben. Allemal lieber einen stilvollen Roman eines Autors, der sein Handwerk versteht, als einen blutrünstigen Schocker von der Stange.
Friedrich Ani - "Letzte Ehre"
Bewertung: sehr gut
Kommentar: Ich hatte ehrlicherweise nicht damit gerechnet, ausgerechnet mit diesem Buch eines von Friedrich Anis besten zu lesen – und das will etwas heißen. Schließlich hat Ani eine quasi singuläre Stellung unter den deutschen Krimiautoren, schlicht und einfach weil er schon so viele hochklassige Krimis geschrieben hat, die eher als „ernsthafte Romane“ zu verstehen sind denn als spannende Pageturner. Bei Ani gehen literarische Qualität, innere und äußere Handlung immer Hand in Hand – und auf „Letzte Ehre“ tun sie das geradezu großartig. Im Vergleich zu vielen seiner übrigen Romane hat Ani diesmal sogar eine vergleichsweise stringente Krimihandlung – also einen Mordfall – gewählt. Doch wie immer lauert das Grauen bei ihm nicht in der eigentlichen Tat, sondern in den Seelen seiner Protagonisten und Verdächtigen. Stellenweise ist „Letzte Ehre“ wirklich harter Stoff und schwer zu ertragen – doch aus der Hand legen konnte ich dieses Buch beim besten Willen nicht.
August
Ewald Arenz - "Der große Sommer"
Bewertung: herausragend
Kommentar: Dieser Roman ist ein kleines Wunder. Obwohl ich sonst mit „Coming-of-age“-Geschichten nicht übermäßig viel anfangen kann, hat mich „Der große Sommer“ von der ersten Seite an begeistert. Das liegt in erster Linie an der wirklich großartigen Sprache, die Ewald Arenz für diesen aus der Sicht eines Jugendlichen in den Achtzigern geschriebenen Roman gewählt hat. Locker, aber nie anbiedernd, lässig, aber nie so, dass es aufgesetzt wirkt. Die Sogwirkung mag aber auch daher kommen, dass ich mich selbst in nicht mehr ganz jungem Alter doch noch gut daran erinnern kann, wie es ist, eine Phase zu durchleben, von der man direkt spürt, dass sie eine besondere ist: Der erste Sommer allein ohne die in Urlaub gefahrenen Eltern. Das erste Mal richtig verliebt, die ersten Sorgen und Nöte, die man alleine ausbaden muss, will und kann. Dieses Buch zu lesen war ein Genuss, der selbst einem Vielleser wie mir nicht oft vergönnt ist.
Colson Whitehead - "Underground Railroad"
Bewertung: gut
Kommentar: Wie gerne würde ich die Bewertung „sehr gut“ vergeben, denn in diesem Buch gab es eine Vielzahl von Stellen, die mich richtig begeistert haben – und ich kann absolut nachvollziehen, warum „Underground Railroad“ sowohl bei der Kritik (Pulitzer-Preis!) als auch beim Publikum so erfolgreich war. Aber irgendwann mittendrin, zwischen einem unfassbar intensiven Auftakt (das erste Kapitel, das so eindringlich beschreibt, wie die „Ware Mensch“ aus Afrika geraubt und mehrfach verkauft wird, bis sie ihre Bestimmung auf einer Plantage findet) und einem packenden letzten Drittel, hat die Geschichte aus meiner Sicht ein bisschen an Elan verloren. Das macht sie keineswegs schlecht, ich tat mich persönlich nur schwer damit, die Begeisterung vom Anfang aufrecht zu erhalten.
September
Joey Goebel - "Irgendwann wird es gut"
Bewertung: gut
Kommentar: So ganz kann ich die Begeisterung von Benedict Wells über diesen Kurzgeschichtenband des zweifellos sehr sympathischen amerikanischen Autos nicht teilen. Er versteht es, interessant über Außenseiter und die Schicksale von Gestrandeten in der US-Provinz zu schreiben. Doch stellenweise fehlte mir etwas der „Drive“ in den Geschichten. Nicht bei allen: Die allererste und die allerletzte Erzählung in diesem Band sind extrem gut.
Christoph Poschenrieder - "Ein Leben lang"
Bewertung: sehr gut
Kommentar: Wüsste man nicht, dass die Romanhandlung auf einer wahren Begebenheit beruht – dem „Münchner Parkhausmord“ von 2006 – dann wäre es trotzdem ein verflucht guter Krimiplot. Doch dieser Roman ist kein klassischer Krimi. Die Handlung wird nicht aus Sicht des Täters oder des Ermittlers erzählt, sondern es kommen abwechselnd die Jugendfreunde des unter Mordverdacht stehenden jungen Mannes zu Wort. Sie setzen alle Hebel in Bewegung, um seine Unschuld zu beweisen. Doch je länger die Mühlen der Justiz mahlen, je länger das Verfahren dauert, desto mehr wird sowohl ihr Verhältnis untereinander als auch das gegenüber dem Freund auf die Probe gestellt. Zweifel schleichen sich ein. Christoph Poschenrieder schafft mit seiner nüchternen, sachlichen und doch direkten Sprache ein kleines Meisterwerk. Ein zutiefst packendes Psychogramm, in dem der Freundschafts-Begriff seziert wird. Und spannend ist es noch dazu – gerade, weil die Frage „War er es denn nun oder war er es nicht?“ immer wieder nur indirekt thematisiert wird.
Stefan Zweig - "Angst"
Bewertung: herausragend
Kommentar: Anlässlich eines Wochenendausflugs mit meinen Brüdern nach Salzburg habe ich eines meiner Lieblingswerke des berühmten Wahl-Salzburgers Stefan Zweig hervorgekramt. Und was soll ich sagen – diese schmale Novelle über eine Frau, die aus purer Langeweile ihre gesicherte bürgerliche Existenz aufs Spiel setzt, begeistert mich immer noch so wie vor ca. 15 Jahren, als ich sie zum ersten Mal las. Zweig schildert meisterhaft, wie die Protagonistin immer tiefer in den Sumpf ihrer Lügen abrutscht. Um zu verhindern, dass ihr Mann von ihrer Affäre erfährt und sie ihr behagliches, abgesichertes Leben als Ehefrau verliert, muss sie immer größere Risiken eingehen. Ein großer Lesegenuss, und obwohl schon über 100 Jahre alt, modern und spannend zu lesen.
Christian Zaschke - "Hell's Kitchen"
Bewertung: sehr gut
Kommentar: In Salzburg erworben und innerhalb weniger Tage begeistert ausgelesen: Die Kolumnen des SZ-Korrespondenten in New York über diese fantastische Stadt machen süchtig. Zaschke schreibt lebhaft, manchmal sehr witzig, manchmal melancholisch, aber immer anspruchsvoll – und vor allem: unterhaltsam. Dabei ist „Hell's Kitchen“ aber auch ein interessantes Zeitdokument. Die Kolumnen entstanden innerhalb der letzten 4 oder 5 Jahre und zeigen also auch, wie sich die Corona-Pandemie auf das Leben in New York und besonders in Hell's Kitchen ausgewirkt hat.
Alain Claude Sulzer - "Doppelleben"
Bewertung: gut
Kommentar: Zum Geburtstag geschenkt bekommen: Interessanter Roman über die Schriftsteller-Brüder Edmond und Jules de Goncourt (nach denen der französische Literaturpreis benannt ist). Beziehungsweise geht es in diesem Roman nur zur Hälfte um sie – die andere Hälfte handelt von ihrer Haushälterin Rose, die ein turbulentes, tragisches Leben führt, von dem die Goncourts nichts ahnen. Zwischendrin fand ich den Ton etwas plauderhaft – jedoch hat „Doppelleben“ im letzten Drittel eine der packendsten, erschütterndsten Stellen zu bieten, die ich überhaupt je zu lesen das Glück hatte. Es geht um das langsame Dahinsiechen und schließlich Sterben von Jules de Goncourt, dem jüngeren der beiden Brüder. Die Syphilis saugt ihm nach und nach den Verstand und schließlich das Leben aus. Es war schrecklich und gleichzeitig faszinierend, diesen Verfall zu begleiten. Große Literatur!
Oktober
Andrej Kurkow - "Ein Freund des Verblichenen"
Bewertung: gut
Kommentar: Selten hat mich ein Klappentext so spontan angesprochen wie bei diesem Buch: Ein Mann will Suizid begehen, hat aber nicht den Mumm, es selbst zu tun. Also engagiert er einen Auftragskiller, der ihn aus dem Weg räumen soll. Doch noch ehe der Killer eintrifft, entdeckt der Mann einen Grund, aus dem er doch am Leben bleiben will – und muss jetzt den Killer loswerden. Der im Exil lebende ukrainische Schriftsteller Andrej Kurkow ist offenbar bekannt für seine oftmals lakonischen, skurrilen Romane. Und der hier hält definitiv, was der Klappentext verspricht – wenn auch nicht zu 100% so, wie ich mir das vorgestellt hatte. Aber „Ein Freund des Verblichenen“ ist trotzdem sehr unterhaltsam, auch wenn das Thema stärker variiert wird, als man zunächst annehmen darf. Mir hat Kurkows knappe, kaum ausgeschmückte Sprache gut gefallen. Außerdem war es interessant, eine Zeitreise ins Kiew der mittleren 90er Jahre zu unternehmen, kurz nach dem Fall des Eisernen Vorhangs.
Paul Auster - "Nacht des Orakels"
Bewertung: mittel
Kommentar: Es gibt einige Passagen in diesem Buch, die mich sehr gefesselt haben. Trotzdem halte ich „Nacht des Orakels“ für einen von Austers eher schwächeren Romanen. Insgesamt ist die Story zu verwirrend, es gibt zu viele Metaebenen. Irgendwann wird die Geschichte eines Schriftstellers erzählt, der in ein neues und scheinbar besonderes Notizbuch eine Geschichte schreibt, die ebenfalls erzählt wird – und darin geht es um einen Roman, dessen Handlung auch erzählt wird. Zwischendrin war das schon manchmal zu viel Meta – andererseits schafft Auster es dann gegen Ende hin durchaus, echtes Drama und echte Spannung einzubauen. Einen Flop würde ich „Nacht des Orakels“ nicht nennen, aber es ist auch keiner der Auster-Romane, die man gelesen haben MUSS.
Harper Lee - "To Kill a Mockingbird"
Bewertung: herausragend
Kommentar: Alles hat seine Zeit. Auch dieser Klassiker der US-Literatur, der mir irgendwann Anfang der 2000er im englischen Original geschenkt wurde. Warum ich ihn in all den Jahren nicht gelesen, aber trotzdem immer von Umzug zu Umzug mitgeschleppt habe? Ich weiß es nicht. Ich verstehe es auch nicht, jetzt wo ich ihn, einer spontanen Eingebung folgend, doch endlich gelesen habe. Harper Lees 1960 erschienenen einzigen Roman umgibt von der ersten Seite an eine Aura der Großartigkeit. Er versprüht einen unwahrscheinlichen Elan, wirkt nie erdschwer und behandelt doch mit dem Rassismus in den ländlichen USA zu Beginn des 20. Jahrhunderts ein gewichtiges Thema. Die Figuren sind lebendig und authentisch, allen voran natürlich die aufgeweckte Ich-Erzählerin Scout und ihr Vater Atticus Finch, der das gute Gewissen und den „guten Amerikaner“ verkörpert. „To Kill a Mockingbird“ ist nicht nur ein extrem wichtiges Buch, es ist auch ein wunderbar lesbares. Die Sprache ist lebensnah und nie gestelzt und die Autorin denkt gar nicht daran, zu viel Distanz zu ihren Charakteren zu wahren. Wir sind mittendrin statt nur dabei, und das ist großartig. Was für ein Werk, was für ein Lesespaß! Und: Was für ein Frevel wäre es gewesen, dieses Buch dann doch nie zu lesen. Übrigens war es auch eine große Freude für mich, nach so vielen Jahren mal wieder einen Roman auf Englisch zu lesen.
November
Florian Illies - "Liebe in Zeiten des Hasses"
Bewertung: herausragend
Kommentar: Natürlich ist die Formel, nach der Florian Illies in seinen Bestsellern vorgeht, inzwischen bekannt. Aber sie ist halt auch gnadenlos gut. Nach zwei Bänden über das schicksalshafte Vorkriegsjahr 1913 geht es jetzt um den Zeitraum von 1929 bis 1939. Schlaglichtartig und mit seinem bewährten und extrem gut konsumierbaren Stil, irgendwo zwischen launig, nüchtern und poetisch, erzählt Illies von Europas geistiger Elite in jenen Jahren, in denen, von Deutschland ausgehend, die Barbarei über den Kontinent kam. Von der Familie Mann über Bertolt Brecht, F. Scott Fitzgerald, Hermann Hesse, Lion Feuchtwanger und Josephine Baker bis hin zu dem späteren Hitler-Attentäter Stauffenberg wird das alltägliche Leben (und besonders: das Lieben) von Schriftstellern, Malern, Fotografen, Politikern und anderen bedeutenden Zeitgenossen beleuchtet. Es geht so ziemlich jeder mit jedem ins Bett, und das erstaunlich unabhängig vom Geschlecht des Sexualpartners. Auch das ist interessant und spannend zu sehen – wie freizügig die damalige Zeit dann doch schon war (zumindest vor dem arischen Rassenwahnsinn der Nazis).
Georges Simenon - "Die Unbekannten im eigenen Haus"
Bewertung: sehr gut
Kommentar: Vielleicht lag es am ziemlich abstoßenden Cover, dass dieser Simenon fast zwei Jahre lang ungelesen hier herumlag. Nun bereue ich es, dass ich diesen fesselnden, spannenden Roman so lange mit Missachtung gestraft habe. Die Geschichte von Hector Loursat, der als zurückgezogener Misanthrop „wie ein Bär in seiner Höhle“ haust, seit seine Frau ihn und die damals kleine Tochter verließ, ist dermaßen gut erzählt. Loursat, der beständig mehrere Flaschen Wein pro Tag trinkt, wird aus seiner missmutigen Existenz gerissen, als in seinem Haus mitten in der Nacht ein Mord geschieht. Er stößt auf ein Doppelleben seiner Tochter und merkt, dass er einige Dinge falsch eingeschätzt hat. Was wie ein Krimi beginnt, entwickelt sich – wie so oft bei Simenon – zu einem erstklassigen Psychogramm. Am Ende wird gar ein Gerichtsdrama daraus. Großes Kino – und für mich überraschend einer von Simenons besten Romanen.
Stephen King - "On Writing"
Bewertung: herausragend
Kommentar: Ich kann es kurz machen: dieses Buch, das ich bereits zum zweiten Mal gelesen habe, ist der wohl beste Schreib-Ratgeber, den es gibt. Und darüber hinaus auch noch eine großartige, unterhaltsame und schonungslos ehrliche (Stichwort Alkoholsucht) Autobiographie eines der erfolgreichsten Autoren der Gegenwart. Man muss kein Stephen-King-Fan sein, um dieses Buch gut und vor allem inspirierend zu finden.
Robert Seethaler - "Der letzte Satz"
Bewertung: mittel
Kommentar: Robert Seethalers „Ein ganzes Leben“ hat mich vor einigen Jahren so nachhaltig beeindruckt und begeistert, dass ich neue Romane von ihm immer gerne lese. Im Grunde hat aber keiner von ihnen (auch nicht „der Trafikant“) meiner Meinung nach an die eindringliche Wucht von „Ein ganzes Leben“ heranreichen können. Auch „Der letzte Satz“ kommt nicht über gute Ansätze heraus. Dabei erfährt man in diesem schmalen Werk, das aus Sicht des todkranken Gustav Mahler dessen letzte Überfahrt über den Atlantik schildert, viele interessante Zusammenhänge über das Kulturleben im frühen 20. Jahrhundert. Aber es bleibt alles seltsamen zurückgenommen und distanziert. Es zündet nicht richtig.
Dezember
Alina Bronsky - "Baba Dunjas letzte Liebe"
Bewertung: gut
Kommentar: Ein kurzweiliger Roman mit sehr interessanter Protagonistin. Nach dem Reaktor-Unglück von Tschernobyl mussten Mitte der 80er auch die Bewohner des benachbarten Tschernowo ihre Heimat verlassen. Doch Baba Dunja, die resolute, verwitwete Oma, war die erste von ihnen, die nach einigen Jahren wieder zurückkehren und sich ein neues Leben in dem verlassenen Dorf aufbauen wollte. In hohem Alter führt sie nun eine Truppe von Einzelgängern im kontaminierten Lebensraum an und denkt sehnsüchtig an ihre Enkelin in Deutschland, die sie noch nie gesehen hat. Ein Neuankömmling bringt das Leben in Tschernowo schließlich nachhaltig durcheinander. Ein wirklich starker und unterhaltsamer Roman einer Schriftstellerin, von der ich gerne noch mehr lesen würde.
Richard Osman - "The Thursday Murder Club"
Bewertung: gut
Kommentar: Noch ein Fall von „Alles hat seine Zeit“: ich fand diesen britischen Bestseller-Roman vor einem Jahr als Weihnachtsgeschenk unterm Christbaum und ließ ihn dann erst einmal lange unbeachtet. Es gab einfach zu viele andere Bücher, die darauf warteten, gelesen zu werden. Dass ich dem Roman des TV-Moderators Richard Osman jetzt – passenderweise über die Weihnachtstage – eine Chance gegeben habe, bereue ich keineswegs. Angesiedelt ist „The Thursday Murder Club“ in einem luxuriösen englischen Altenheim, wo sich vier befreundete Rentner jeden Donnerstag treffen, um über ungelöste Mordfälle zu sprechen. Als sie selbst in einen Mord verwickelt werden, zeigt sich, dass sie in ihrer Vergangenheit selbst mehr mit Polizeiarbeit in Berührung kamen als gedacht. Das ist natürlich sehr gut lesbar und auch lustig geschrieben. Und trotzdem ist „The Thursday Murder Club“ qualitativ viel besser als der durchschnittliche Lokalkrimi. Unterhaltung auf hohem Niveau, mit der einen oder anderen Spitze gegen Kirche und Politik.
War es das etwa schon?
Ja, das war es schon. Mal schauen, wie viel Zeit mir 2023 zum Lesen lässt. Aber ich lege die Messlatte hoch: meinen Nachnamen trage ich schließlich nicht zum Spaß.
Nochmal zur Erinnerung: Hier geht es zur Liste vom Jahr 2021 - mit 27 gelesenen Romanen.