"Ich feiere es total, dass ..."

Leute, die diese Redewendung verwenden, wissen im Normalfall, dass sie kompletter Unsinn ist, mit Deutsch wenig zu tun hat und nicht mal im Ansatz geistreich oder eloquent ist. Warum es trotzdem so verflucht viele Internet-Geeks gibt, die ungeniert verbreiten, dass sie etwas "total abfeiern", ist wohl eines der letzten ungeklärten Rätsel der Menschheit. Auch scheint die Zahl derer, die etwas bedingungslos "abfeiern", ständig zuzunehmen. Wer bei Twitter oder Facebook die richtigen - oder je nach Sichtweite falschen - Freunde oder Follower hat, wird zwangsläufig auf diese Formulierung stoßen. Üblicherweise kombiniert mit peinlicher Selbstbeweihräucherung oder schamloser Werbung für eine Lieblingsband oder -Serie.

Beispiele:

"Boah, ich feiere gerade Justin Bieber so derbe #Believe #Party"

"Leute, Game of Thrones ist hammer! Feiere ich gerade total!"

"Ich feiere es gerade total, dass ihr mich retweetet habt! @GZSZ"

Herkunft:

Wie so viele unpassende und peinliche Redewendungen unserer Zeit ist auch diese vermutlich aus dem Englischen gekommen. Interessanterweise auch noch in einer falschen Übersetzung. Oder hat jemand schon mal einen native speaker sagen hören: "I'm totally celebrating the fact that I've cooked myself a meal"? Eben. Aber gut, wir leben in einem Land, in dem "Body bags" nicht mehr, wie im amerikanischen Original, Leichensäcke sind, sondern Rucksäcke. Oder in dem Kundenberatungs-Schalter der Bahn zu trendigen "InfoPoints" mit völlig unsinnigem Binneninitial umfunktioniert werden.
Wir halten fest, dass es einen Haufen weniger ärgerlicher Redewendungen im Deutschen gäbe, wenn die ach so hippen Trendsetter, die immer beim Englischen abkupfern, wenigstens des Englischen mächtig wären.

Sprecher-Typologie:

Wer etwas "total abfeiert", artikuliert üblicherweise in seinem Freundeskreis auch gut abgehagene Sprüche mit deutlichem Verwesungsgeruch wie etwa "Das geht steil, Alter" oder "Was talkst du so derbe?". Er hält sich selbst für eloquent, flippig und locker und verkörpert das auch in seiner Selbstdarstellung. Besonders im Netz: "Ich feiere es total, dass mein Tweet zum #Tatort so steil geht." Die Art, in der er seine Posts und Tweets formuliert, färbt nach und nach auf sein Privatleben ab, was dazu führt, dass sich all die verbliebenen Freunde mit einem Rest an Scham- und Sprachgefühl von ihm abwenden.

Insgesamt ist davon auszugehen, dass Menschen, die das Internet als Plattform benutzen, um etwas "abzufeiern", im echten Leben nicht besonders häufig dazu kommen, richtig zu feiern. Wer ein Leben führt, in dem es privat viel zu feiern gibt, muss das nicht vor virtuellen Freunden oder ihm völlig fremden Menschen tun.

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